
31. Juli 2025
Umweltmanagement, Verkehr, automotive, Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung
Abgasnorm Euro 7: Zwischen Prüfstand und Praxis
Sommer 2025. Eine Teststrecke in Süddeutschland. Ein Ingenieur startet den Prüfstand: neue Hardware, neue Software, gleiche Plattform. Das Fahrzeug soll die Euro-7-Vorgaben erfüllen. Die Zeit läuft. Steuergeräte müssen neu validiert, Prüfzyklen überdacht und Lieferketten angepasst werden. Was vor einem Jahr noch als politische Debatte galt, ist heute bereits technisches Pflichtprogramm.
Ein Wettlauf gegen die Fristen hat begonnen. Dabei werden Unternehmen, die heute richtig planen, auch morgen den Anschluss nicht verlieren.
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AUF DEN PUNKT
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Welche Änderungen bringt die Euro-7-Norm?
Mit der aktuellen EU-Abgasrichtlinie, der Euro-7-Norm, wird erstmals ein einheitliches Emissionsregelwerk für alle Fahrzeugklassen geschaffen - weiterhin mit dem Ziel, die Luftqualität zu verbessern. Anders als ihre Vorgänger betrachtet die Abgasnorm-Euro-7 Emissionen ganzheitlich: Über den gesamten Lebenszyklus hinweg und unter realen Betriebsbedingungen. Neben Stickoxiden und Feinstaub aus dem Motor regelt sie nun auch Emissionen durch Reifen- und Bremsenabrieb. Das ist ein Paradigmenwechsel vor dem Hintergrund, dass die Feinstaubemissionen aus Bremsen und Reifen nicht sanken, während der Feinstaubausstoß aus Abgas dank strenger Grenzwerte und moderner Abgasreinigungssysteme immens reduziert wurde. Dies machte die Regulierung der Abriebsemissionen unausweichlich, um zu verhindern, dass diese bald die Partikelemissionen von Verbrennungsmotoren übersteigen. Die Euro-7-Norm ist am 29. Mai 2024 in Kraft getreten. Für Autos und leichte Nutzfahrzeuge, die erstmals eine Typgenehmigung erhalten, gilt die neue Norm ab dem 29. November 2026 und ab 29. November 2027 für alle neu zugelassenen Pkw. Damit wirkt sie sich bereits jetzt auf viele laufende Entwicklungsprojekte aus.Im Einzelnen bedeutet das:
- Für Busse und LKW definiert die neue Norm strengere Grenzwerte für verschiedene Schadstoffe wie Stickoxide oder Feinstaubpartikel, wo der Wert von zehn auf acht Milligramm minimiert wurde.
- Die Abgasgrenzwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bleiben für Stickoxide und Feinstaub gegenüber der Euro-6-Norm unverändert. Neu ist, dass die Grenzwerte für Feinstaubpartikel nun für alle Benziner gelten und die bisherige Beschränkung auf Ottomotoren mit Direkteinspritzung entfällt. Darüber hinaus unterfallen bereits kleinere Feinstaubpartikel von zehn Nanometern (bislang 23 Nanometer) der neuen Norm.
- Der neuen Norm unterfallen unter dem Stichwort Abriebemissionen auch reine E-Autos und Brennstoffzellenfahrzeuge, für die ein Grenzwert von drei Milligramm pro Kilometer festgelegt ist.
- Auch die Mindestlebensdauer für die Antriebsbatterien von Stromautos wird von Euro 7 behandelt: Akkus müssen nach fünf Jahren oder 100.000 gefahrenen Kilometern noch auf 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität kommen. Nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern ist der Wert bei 72 Prozent festgeschrieben.
Euro 7: Zeitplan und Fristen
Die Euro-7-Norm ist am 29. Mai 2024 in Kraft getreten. Ihre Umsetzung erfolgt gestaffelt in Abhängigkeit der Fahrzeugart und ob eine Typgenehmigung oder Neuzulassung angestrebt wird:Fahrzeugtyp | Typgenehmigung Gültigkeit ab | Neuzulassung Gültigkeit ab |
Pkw und leichte Nutzfahrzeuge | 29. November 2026 | 29. November 2027 |
Busse und Lkw | 29. Mai 2028 | 29. Mai 2029 |
Auswirkungen für KMU: Pflicht zur Vorbereitung
Ob OEM, Zulieferer oder Dienstleister – die neue Abgasnorm betrifft alle Akteure der automobilen Wertschöpfungskette. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen unter erheblichem Anpassungsdruck und müssen frühzeitig strategische und operative Entscheidungen treffen:- Technische Gap-Analysen:
Unternehmen müssen bestehende Produktportfolios kritisch hinterfragen. Welche Abgasnachbehandlungssysteme, Steuergeräte, Sensoren oder Bremskomponenten genügen den neuen Euro-7-Anforderungen? Wo besteht Entwicklungsbedarf? Solche Analysen helfen, technische Lücken zu identifizieren und gezielte F&E-Maßnahmen einzuleiten. - Homologation und Testinfrastruktur:
Die verschärften Prüfzyklen und Anforderungen an Emissionstests - etwa unter realen Fahrbedingungen (RDE) - erfordern umfangreiche Validierungen. Wer über keine eigene Testinfrastruktur verfügt, muss auf externe Labore zurückgreifen, was Zeit kostet und die Koordination erschwert. Fehler oder Verzögerungen im Homologationsprozess können Markteintritte gefährden und zu erheblichen Kosten führen. - Lieferkette und Kommunikation:
Das Einhalten der Vorgaben aus der Euro-7-Norm hängt auch stark von der Fähigkeit der Lieferkette ab, rechtzeitig konforme Bauteile wie NOx-Sensoren, Bremsverschleißanzeiger oder elektronische Steuergeräte bereitzustellen. Transparente Kommunikation zwischen OEMs, Tier-1/2-Zulieferern und Entwicklungsdienstleistern ist entscheidend, um Entwicklungspläne abzustimmen, Engpässe zu vermeiden und Liefertermine einzuhalten. - Förderprogramme und Finanzierung:
Die Umsetzung der Euro-7-Anforderungen ist für viele KMU mit erheblichen Investitionen verbunden, etwa in Prüfstände, Software, Personal oder Schulungen. Förderprogramme, wie z. B. FuE-Zuschüsse bedeuten finanzielle Entlastung, jedoch immer unter der Voraussetzung einer rechtzeitigen Antragstellung und strategisch geplanter Projektstruktur.
Fazit: Euro 7 ist kein bloßes Update, sondern ein Strategiewechsel
Fakt ist Euro 7 gilt. Wie gut sich Unternehmen auf die Umsetzung vorbereiten, liegt bei ihnen. Die neue Abgasrichtlinie ist mehr als ein regulatorisches Einzelstück: Sie ist ein Innovationsmotor, der Technik, Organisation sowie Lieferketten fordert und fördert. Gerade KMU sollten den Moment nutzen, um Prozesse zu prüfen, Produktlinien zu optimieren und strategische Partnerschaften auszubauen. Wer heute beginnt, sich auf die Euro-7-Grenzwerte vorzubereiten, wird morgen mit marktfähigen Produkten punkten können. Frühzeitiges Handeln sichert nicht nur regulatorische Konformität, sondern bringt auch Wettbewerbsvorteile im sich wandelnden Mobilitätsmarkt.Bleiben Sie wissbegierig!